Panikattacken verstehen: Symptome, Ursachen und erste Hilfe
Erfahren Sie, was Panikattacken wirklich sind, wie Sie die Symptome erkennen und welche Soforthilfe-Strategien Ihnen im akuten Moment helfen können.

Was sind Panikattacken wirklich?
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen friedlich im Café, und plötzlich fühlt es sich an, als würde Ihr Herz aus der Brust springen. Ihre Hände werden feucht, Ihnen wird schwindelig, und eine überwältigende Angst erfasst Sie – die Angst zu sterben oder die Kontrolle zu verlieren. Was Sie gerade erleben, ist eine Panikattacke, und Sie sind damit nicht allein.
Panikattacken sind plötzlich auftretende, intensive Angstanfälle, die scheinbar aus dem Nichts kommen. Sie sind eine extreme Form der Stressreaktion Ihres Körpers – Ihr Alarmsystem läuft auf Hochtouren, obwohl keine echte Gefahr besteht. Etwa 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung erleben mindestens einmal im Leben eine Panikstörung, Frauen sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Das Wichtigste vorweg: Panikattacken sind nicht gefährlich. Sie fühlen sich zwar furchtbar an und können sehr beängstigend sein, aber niemand ist je an einer Panikattacke gestorben. Diese Gewissheit ist oft der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung.
Die typischen Symptome einer Panikattacke
Panikattacken äußern sich durch eine Kombination aus körperlichen und psychischen Symptomen, die meist innerhalb weniger Minuten ihren Höhepunkt erreichen. Hier sind die häufigsten Anzeichen:
Körperliche Symptome
Die körperlichen Reaktionen während einer Panikattacke sind intensiv und erschreckend:
- Herzrasen oder Herzstolpern: Ihr Herz schlägt plötzlich deutlich schneller und kräftiger, manchmal spüren Sie jeden einzelnen Herzschlag
- Atemnot und Engegefühl in der Brust: Es fühlt sich an, als bekämen Sie nicht genug Luft, die Brust schnürt sich zu
- Schwindel und Benommenheit: Der Raum scheint sich zu drehen, Sie fühlen sich unsicher auf den Beinen
- Zittern oder Beben: Ihre Hände, Beine oder der ganze Körper können unkontrolliert zittern
- Schweißausbrüche: Plötzliches, starkes Schwitzen, oft verbunden mit Hitzewallungen
- Übelkeit: Ein flaues Gefühl im Magen, manchmal mit Würgereiz
- Kribbeln oder Taubheitsgefühle: Besonders in Händen, Füßen oder im Gesicht
- Kälteschauer oder Hitzewallungen: Abwechselnde Gefühle von Kälte und Hitze
Psychische Symptome
Neben den körperlichen Reaktionen erleben Betroffene intensive psychische Symptome:
- Todesangst: Die überwältigende Überzeugung, gleich zu sterben
- Angst vor Kontrollverlust: Das Gefühl, verrückt zu werden oder die Kontrolle über sich zu verlieren
- Derealisation: Die Umgebung fühlt sich unwirklich, fremd oder verzerrt an
- Depersonalisation: Sie fühlen sich von sich selbst distanziert, als würden Sie sich von außen beobachten
- Gefühl drohenden Unheils: Eine intensive Vorahnung, dass etwas Schreckliches passieren wird
Warum entstehen Panikattacken?
Die Ursachen von Panikattacken sind komplex und meist nicht auf einen einzelnen Faktor zurückzuführen. Verschiedene Aspekte spielen zusammen:
Biologische Faktoren
Ihr Gehirn spielt eine zentrale Rolle bei Panikattacken:
Die Amygdala, das Angstzentrum Ihres Gehirns, reagiert bei Menschen mit Panikstörung oft überempfindlich. Sie interpretiert harmlose Reize als Gefahr und löst die Kampf-oder-Flucht-Reaktion aus – auch wenn keine echte Bedrohung besteht.
Neurotransmitter-Ungleichgewicht: Störungen im Gleichgewicht von Botenstoffen wie Serotonin, Noradrenalin und GABA können die Anfälligkeit für Panikattacken erhöhen.
Genetische Veranlagung: Panikstörungen treten familiär gehäuft auf. Wenn nahe Verwandte betroffen sind, ist Ihr Risiko erhöht – allerdings ist die Vererbung keine Garantie, dass Sie ebenfalls Panikattacken entwickeln.
Psychologische Faktoren
Ihre Lebenserfahrungen und Denkweisen beeinflussen das Auftreten von Panikattacken:
- Chronischer Stress: Langanhaltende Belastung im Beruf, in Beziehungen oder durch finanzielle Sorgen
- Traumatische Erlebnisse: Vergangene Traumata, besonders in der Kindheit, können das Risiko erhöhen
- Katastrophisierende Denkweisen: Die Neigung, körperliche Empfindungen als Zeichen einer schweren Erkrankung zu interpretieren
- Hohe Ängstlichkeit: Menschen mit einer generell ängstlichen Persönlichkeit sind anfälliger
Auslösende Faktoren
Bestimmte Situationen oder Substanzen können Panikattacken triggern:
- Koffein und Stimulanzien: Können Symptome verstärken oder auslösen
- Schlafmangel: Chronische Erschöpfung macht anfälliger
- Bestimmte Orte oder Situationen: Besonders nach der ersten Attacke entwickelt sich oft eine Angst vor ähnlichen Situationen
- Körperliche Anstrengung: Kann bei manchen Menschen Panikattacken auslösen
- Hormonelle Veränderungen: Menstruation, Schwangerschaft oder Wechseljahre können eine Rolle spielen
Der Teufelskreis der Panik
Ein zentrales Problem bei Panikattacken ist der sich selbst verstärkende Kreislauf:
- Ein Auslöser führt zu einer ersten körperlichen Reaktion (z.B. leichtes Herzrasen nach Kaffee)
- Sie bemerken die Veränderung und interpretieren sie als gefährlich
- Angst entsteht, was weitere körperliche Symptome auslöst
- Die Symptome verstärken Ihre Angst
- Eine Panikattacke entwickelt sich
Dieser Teufelskreis kann durchbrochen werden – und genau hier setzen wirksame Behandlungsstrategien an.
Soforthilfe: Was tun während einer Panikattacke?
Wenn Sie mitten in einer Panikattacke stecken, können diese Techniken helfen:
Die 4-7-8 Atemtechnik
Kontrollierte Atmung ist Ihre mächtigste Waffe gegen Panik:
- Atmen Sie durch die Nase ein und zählen Sie bis 4
- Halten Sie den Atem an und zählen Sie bis 7
- Atmen Sie durch den Mund aus und zählen Sie bis 8
- Wiederholen Sie dies mindestens 4-mal
Diese Technik aktiviert Ihr parasympathisches Nervensystem und signalisiert Ihrem Körper, dass keine Gefahr besteht. Wenn Sie mehr über wirksame Atemtechniken gegen Panikattacken erfahren möchten, finden Sie dort fünf sofort anwendbare Methoden im Detail erklärt.
Die 5-4-3-2-1 Erdungstechnik
Diese Methode hilft Ihnen, im Hier und Jetzt zu bleiben:
- Benennen Sie 5 Dinge, die Sie sehen können
- Benennen Sie 4 Dinge, die Sie berühren können
- Benennen Sie 3 Dinge, die Sie hören können
- Benennen Sie 2 Dinge, die Sie riechen können
- Benennen Sie 1 Sache, die Sie schmecken können
Diese Übung lenkt Ihre Aufmerksamkeit von der Angst auf Ihre konkrete Umgebung.
Akzeptanz statt Kampf
So paradox es klingt: Der Versuch, die Panikattacke zu bekämpfen, macht sie oft schlimmer. Versuchen Sie stattdessen:
- Sagen Sie sich: “Das ist eine Panikattacke. Sie ist unangenehm, aber nicht gefährlich.”
- Erlauben Sie den Symptomen, da zu sein, ohne dagegen anzukämpfen
- Erinnern Sie sich: Die Attacke wird von selbst vorübergehen, meist innerhalb von 20-30 Minuten
Bewegung kann helfen
Wenn möglich, versuchen Sie:
- Langsam auf und ab zu gehen
- Ihre Schultern zu kreisen
- Ihre Hände zu schütteln
Sanfte Bewegung hilft, das überschüssige Adrenalin abzubauen.
Wann sollten Sie professionelle Hilfe suchen?
Suchen Sie ärztliche oder therapeutische Hilfe, wenn:
- Sie mehr als eine Panikattacke erlebt haben
- Sie aus Angst vor weiteren Attacken bestimmte Orte oder Situationen meiden
- Ihre Lebensqualität durch die Angst eingeschränkt ist
- Sie Ihre Symptome nicht in den Griff bekommen
- Sie zusätzlich unter Depressionen oder anderen psychischen Problemen leiden
Die gute Nachricht: Panikstörungen gehören zu den am besten behandelbaren Angsterkrankungen. Mit professioneller Hilfe können die meisten Betroffenen ihre Panikattacken erfolgreich überwinden.
Die Behandlungsmöglichkeiten im Überblick
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Die KVT gilt als Goldstandard in der Behandlung von Panikstörungen. Sie lernen dabei:
- Angstauslösende Gedanken zu erkennen und zu verändern
- Sich schrittweise den gefürchteten Situationen zu stellen (Expositionstherapie)
- Wirksame Bewältigungsstrategien anzuwenden
- Die Fehlinterpretation körperlicher Symptome zu korrigieren
Medikamentöse Behandlung
In manchen Fällen können Medikamente sinnvoll sein, besonders bei schweren Panikstörungen:
- Antidepressiva (SSRIs): Wirken langfristig und regulieren die Neurotransmitter
- Benzodiazepine: Wirken schnell, sollten aber nur kurzfristig eingesetzt werden
- Betablocker: Können körperliche Symptome wie Herzrasen reduzieren
Medikamente sollten immer in Absprache mit einem Arzt eingenommen und idealerweise mit Psychotherapie kombiniert werden.
Selbsthilfe-Strategien
Zusätzlich zur professionellen Behandlung können Sie selbst viel tun:
- Regelmäßige Entspannungsübungen: Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation
- Ausdauersport: 3-4 mal pro Woche mindestens 30 Minuten
- Gesunder Lebensstil: Ausreichend Schlaf, ausgewogene Ernährung, Reduktion von Koffein und Alkohol
- Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein
Der Weg zur Besserung
Panikattacken zu überwinden ist ein Prozess, kein Schalter, den man umlegen kann. Hier sind realistische Erwartungen:
In den ersten Wochen lernen Sie, die Symptome zu erkennen und erste Bewältigungsstrategien anzuwenden. Die Attacken werden möglicherweise nicht sofort seltener, aber Sie gehen anders damit um.
Nach 1-3 Monaten mit konsequenter Anwendung von Techniken und eventuell Therapie erleben die meisten Menschen eine deutliche Reduktion der Panikattacken.
Nach 6-12 Monaten haben viele Betroffene gelernt, mit ihrer Angst so umzugehen, dass sie ihr Leben nicht mehr einschränkt. Manche sind komplett symptomfrei.
Wichtig zu wissen: Rückschläge sind normal und Teil des Heilungsprozesses. Eine Panikattacke nach längerer Zeit bedeutet nicht, dass Sie von vorne anfangen müssen – Sie haben bereits gelernt, damit umzugehen.
Was Sie sich merken sollten
Panikattacken sind intensiv und beängstigend, aber sie sind:
- Nicht gefährlich: Sie können nicht daran sterben oder dauerhaft Schaden nehmen
- Zeitlich begrenzt: Sie klingen von selbst wieder ab, meist innerhalb von 20-30 Minuten
- Behandelbar: Mit den richtigen Strategien können Sie lernen, sie zu bewältigen oder sogar ganz zu überwinden
- Weit verbreitet: Millionen Menschen erleben Panikattacken – Sie sind nicht allein
Der erste Schritt ist immer, zu verstehen, was in Ihrem Körper passiert. Mit diesem Wissen sind Sie bereits auf dem Weg zur Besserung. Im nächsten Schritt geht es darum, wirksame Techniken zu erlernen und anzuwenden – und bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Sie können das schaffen. Tausende Menschen vor Ihnen haben gelernt, ihre Panikattacken zu überwinden und ein erfülltes Leben zu führen. Mit Geduld, den richtigen Strategien und Unterstützung können auch Sie diesen Weg gehen.


